An Schwedens Küsten stehen nicht nur hübsche, rote Häuschen mit eigenem Steg und Fischerboot: In den schwedischen Gewässern findet man auch jede Menge Essbares. Zum Beispiel Algen. Wir waren in Westschweden zum Algentauchen und -essen.
Die Wellen schlagen an die glatten Felsen, der Wind zaust durchs Haar, weit und breit ist kein Mensch zu sehen. Nur Felsen, Meer und flache Schafweiden. Plötzlich taucht Jonas Pettersson aus den Wellen auf: Gefühlte 6 Grad, aber er grinst unter seiner Taucherbrille hervor, hält die Hand hoch und winkt uns mit einem Bündel glitschiger, braungrüner Algen aus dem Wasser zu. Geschickt manövriert er sich ans Ufer und legt seine Algen-Ausbeute vor uns auf die Felsen.
Jonas hatte vor einigen Jahren entdeckt, dass vor der Küste von Bohuslän Unmengen an wertvollen Wasserpflanzen wuchern. „Wir importieren Algen bisher immer aus Asien, anstelle die Algen zu nutzen, die hier in Schweden ganz natürlich wachsen“, erklärt er. Mehr als zehn essbare Algen findet man hier unter der Wasseroberfläche.
Jonas und seine Frau Linnea Sjögren kündigten ihre gut bezahlten Jobs und zogen an die Küste Bohusläns, um ihr Algen-Geschäft aufzubauen, benannt, natürlich, nach einer Alge: Catxalot. Sie tauchen nach Algen, ernten und verkaufen sie an Restaurants in ganz Schweden. Sie verkochen sie auch selbst zu Suppen, backen daraus Knäckebrot, stellen Bodybutter, Chips und Gewürze daraus her. In einem kleinen Shop, der „Tång Butiken“, verkaufen sie ihre Waren. Weil ihnen das alleine nicht reicht, bieten sie auch Algen-Safaris für alle Mutigen an, die sich unter Jonas Anleitung selbst in die Wellen stürzen dürfen. Es gibt Paddeltouren zu den Algenfeldern in den Schären und Kochkurse, bei denen man selbst probieren kann, wie schwedische Algen mit Pasta schmecken.
Jonas beugt sich tropfend über die Algen auf dem Felsen. Um die einzelnen Sorten auseinanderzuhalten, hat er einen Algenguide erstellt, ein kleines Büchlein, in dem die wichtigsten Algen und ihre Merkmale stehen. Die glitschigen Pflanzen sehen bei genauerem Hinsehen tatsächlich unterschiedlich aus: Die einen wie grüne Spaghetti, die anderen wie plattgefahrene Schlangen. Eine Sorte erinnert an eine menschliche Hand, passenderweise heißt sie Fingertång, Fingeralge. Und der Sockertång, die Zuckeralge, schmecke auch ein wenig süßlich, erklärt Jonas, man könne mit ihr auch Kuchen backen. Diese Vorstellung fällt ein wenig schwer, hier direkt auf dem Felsen wo wir sitzen, mitten in der salzigen Seeluft, die Jacken bis oben hochgezogen gegen den Wind.
Aber trotzdem: wie schmecken denn die Dinger jetzt? Aus einer Thermoskanne serviert Jonas eine Art heiße Misosuppe mit frischgeernteten Algen. Die schmeckt nach Meer und Fisch – aber köstlich! Zum Dessert gibt es Kaffee und tatsächlich: Kleine, süße Algenkekse. Dass sie wirklich nach Keks schmecken, liege daran, dass man nur ein klein wenig Zuckeralge in den Teig geben würde, erklärt Jonas. Dann muss er los, hinter den nächsten Felsen, und endlich seinen nassen Neoprenanzug ausziehen, bevor er uns über die Felsen und Weiden zurück lotst.
Mehr Infos zu den Algensafaris, Kochkursen oder Produkten zu Catxalot gibt es HIER.
Fotos: Hejsson; Tina Stafren